Brandschutzphilosophie

Als ich mit dem Vorbeugenden Brandschutz begann, war es üblich, dass der Planer zur Feuerwehr oder dem Kreis kam, um seine Baumaßnahme vorzustellen und die Brandschutzmaßnahmen abzusprechen. Häufig war das ein „Handel“. Brandschutz-Fachplaner, -Sachverständige, -Konzepte und –Nachweise gab es nicht, und wenn, dann höchstens für Großprojekte.

Diese Zeit liegt gerade mal 25 Jahre zurück. Was für viele heute wie goldene Zeiten wirkt, hatte aber auch einen großen Nachteil, der uns heute immer wieder einholt: Es gibt keine oder kaum eine Dokumentation. Warum wurden damals bestimmte Maßnahmen umgesetzt? Was haben die sich damals dabei gedacht? Oder war es nur Teil eines Handels?

Seit dieser damaligen Zeit hat das Thema Brandschutz nicht nur enorm an Bedeutung gewonnen, sondern ist auch ein großer Kostenfaktor beim Bau geworden. Immer neue Verschärfungen werden eingeführt, die Bestimmungen werden immer komplizierter. Heerscharen von Fachplanern, Sachverständigen, Bachelor- und Masterabsolventen von zahlreichen mit dem Brandschutz verbundenen Hochschulstudiengängen drängen auf den Markt, in aller Regel ohne oder mit sehr wenig praktischer Erfahrung. Das bedeutet häufig Unsicherheit in der Bewertung und damit die Neigung, im Zweifel lieber die schärferen Brandschutzmaßnahmen zu wählen.

Vorbeugender Brandschutz lebt vom Konjunktiv. Es könnte hier was passieren, der Brandüberschlag wäre dort möglich. Belastbare Zahlen gibt es nicht, die eine Brandschutzmaßnahme klar belegen, denn es gibt keine überregionalen Statistiken über die Wechselwirkung von Bränden, Brandschutzmaßnahmen und Schäden. Stattdessen werden schon mal Sätze gesagt wie „Wollen Sie hier verbrennen?“ oder auch „Lassen Sie da mal was passieren!“.

Nach dem statistischen Jahrbuch ist die Zahl der Brandopfer pro Jahr ungefähr gleich mit den Personen, die bei Badeunfällen ums Leben kommt.

Für ein Brand- oder Unfallopfer ist es immer schlimm, ihn interessieren keine Statistiken. Aber wir Planer haben unsere Pflicht, das auferlegte Ermessen auszuüben und sich auch mal gegen den Brandschutz-Mainstream zu stellen.

Mit der praktischen Erfahrung von fast 30 Jahren Berufsfeuerwehr versuche ich immer, in Ermessensentscheidungen mir vorzustellen, was ich vor wem eigentlich schützen muss und ob das überhaupt erforderlich ist.